Das Main-Taunus-Zentrum (MTZ) in Sulzbach vor den Toren Frankfurts war 1964 bei seiner Eröffnung das erste Shoppingzentrum Deutschlands. Im Laufe seiner langen Geschichte wurde es mehrmals modernisiert und erweitert. Heute locken 170 Geschäfte, dazu ein Kino und diverse Restaurants die Besucher an, gepunktet wird unter anderem mit 4 500 kostenlosen Parkplätzen. Von den großen Filialisten, die man in jeder größeren deutschen Innenstadt-Fußgänger-Zone findet, heben sich nur wenige inhabergeführte Fachgeschäfte ab. Mit das bekannteste und traditionsreichste ist „Papier Kretschmann“. Volker Zimmermann betreibt das Fachgeschäft, unterstützt von seiner Frau Petra und fünf weiteren Mitarbeitern, seit 22 Jahren. Davor war er in der Geschäftsführung und im Außendienst einer Papierfabrik beschäftigt, doch der Wunsch nach Selbständigkeit ließ ihn sein „Steckenpferd“ Füllhalter zum Beruf machen. Er übernahm das Geschäft im MTZ von Theo Kretschmann, der noch Schul- und Bürobedarf geführt hatte. In den folgenden Jahren veränderte Zimmermann den Schwerpunkt hin zur Papeterie und setzt nunmehr seit vielen Jahren auf Papierprodukte und Schreibgeräte mit besonderer Qualität und auf echte Beratung. Dies hat ihm bei den Freunden hochwertiger Füllhalter und anderer Schreibgeräte einen guten Ruf eingebracht, der sich weit über die Region erstreckt. Bis zu 200 Kilometer, so schätzt Zimmermann, ist der Radius, aus dem seine Kunden zu ihm kommen.

Wer das Ladengeschäft gegenüber der großen Mediamarkt-Filiale betritt, taucht ein in die Welt des schönen Schreibens und geschmackvollen Schenkens. Gleich neben dem Eingang finden sich Geschenkverpackungen und ausgesuchte Grußkarten zu den unterschiedlichsten Anlässen, die Zimmermann bei ABC und bei acht weiteren Verlagen ordert. Dabei achtet er auf eine stimmige Zusammenstellung, die zum Geschmack und Stil seiner Kundschaft passt. Mittelgondeln sind saisonalen Themen gewidmet. Hier legt der Geschäftsführer Wert darauf, seine Kunden immer wieder neue Inspirationen zu geben. Zurzeit wird hier den Handlettering-Trend Raum gegeben. Feine Papiere von Artoz gehören ebenso zum Sortiment wie Stifte von Faber-Castell. Dazu kommt eine Auswahl an Journalen und Alben.

Füllhalter für Kenner
Als größter Stammkundenmagnet fungiert aber das umfangreiche Füllerangebot, das mit 400 verschiedenen Tinten ergänzt wird. „Wir habe alle namhaften Füller-Marken im Sortiment“, erklärt Zimmermann, der sich unter anderem im Händlerbeirat von Lamy engagiert. Ein Schwerpunkt seines Sortiments liegt auf deutschen Marken wie Waldmann, Otto Hutt und Diplomat. Montblanc und Lamy nehmen einen wichtigen Teil ein. Aber auch trendige Füller von beispielsweise Kaweco sind zu haben. Schätzungsweise 50 Prozent seiner hochwertigen Schreibgeräte gehen an Stammkunden. Das ist jener Kreis an Füllerfreunden, die immer wieder kommen um ihre Sammlungen zu komplettieren – oder einfach, um mit Zimmermann zu fachsimpeln und die Neuheiten der Hersteller kritisch zu begutachten. „Ich kenne meine einzelnen Stammkunden so gut, dass ich sie persönlich anmaile, wenn ich weiß, dass sie eine Neuheit interessiert“. Man treffe sich dann im Laden zur Begutachtung, zum Meinungsaustausch, zum Fachgespräch auf Augenhöhe. „Oft kommen Kunden nur zum Smalltalk oder fragen mich, mit welchem Füller ich heute schreibe“, erklärt Zimmermann und zieht einen Montblanc aus der Brusttasche, dessen Tinte grün ist. Schon gibt es einen Aufhänger für eine Unterhaltung, zum Fachsimpeln. Allerdings gestaltet er sein Sortiment bewusst so, dass sich auch Einsteiger und jüngere Füllerfreunde angesprochen fühlen.

Bei Kaufinteresse spielt die kompetente Beratung eine große Rolle. Mit viel Einfühlungsvermögen informiert Zimmermann seine Kunden und gibt Hinweise, die für die Kaufentscheidung wichtig sind. „Ich dränge niemals“, betont er. Eher rate er, einen Kauf nochmal zu überschlafen. Denn das Entscheidende sei, dass der Kunde zufrieden ist mit seinem Füller und wieder kommt. Großen Wert legt man bei Papier Kretschmann darauf, Schulkinder beim Kauf des ersten Füllers gut zu beraten und einen umfassenden Service zu bieten. Manchmal kämen nun schon Eltern mit ihren Kindern zum Füllerkauf, die ihren ersten Füller vor vielen Jahren auch schon bei Zimmermann gekauft hatten. Das freut den Geschäftsführer immer besonders. Er ist stolz darauf, wie selten es zu Umtauschen kommt, die Quote liegt bei einem Prozent. Kleinere Reparaturen werden im Haus ausgeführt. Falls es einmal zu einer Reklamation beim Hersteller kommen sollte, kümmert sich Zimmermann selbstverständlich um die Abwicklung.

Und online?
Zimmermann verzichtet auf eine Internetpräsentation und auf einen Online-Shop, da eine gute persönliche Beratung der Kunden für ihn unverzichtbar ist. Ebenso legt er auch wenig Wert auf anonyme Online-Bewertungen im Netz, obgleich diese fast alle sehr positiv sind. Persönlichkeiten vor und hinter der Theke sollen sich treffen, davon ist er überzeugt. Sein Konzept geht auf, wie man am Erfolg seines Fachgeschäfts sieht.