23.09.2020

Interview mit Mathias M. Janssen, AVG

Mathias M. Janssen, zweiter Vorstand der AVG (Arbeitsgemeinschaft der Hersteller und Verleger von Glückwunschkarten) und Verlagsleiter beim Verlag Dominique GmbH, Inning am Ammersee.
Mathias M. Janssen, zweiter Vorstand der AVG (Arbeitsgemeinschaft der Hersteller und Verleger von Glückwunschkarten) und Verlagsleiter beim Verlag Dominique GmbH, Inning am Ammersee.

„Grußkarten helfen, soziale Distanz zu überwinden“

Die AVG ist eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft der wichtigsten Hersteller und Verleger von Glückwunschkarten in Deutschland. Anlässlich der Verleihung der „Goldenen Grußkarte“ – in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nur virtuell - sprachen wir mit Mathias M. Janssen.

Am 3. September wurden die Preise der „Goldenen Grußkarte 2020“ im Deutschen Theater in München ohne Publikum verliehen. Die Gründe dafür sind bekannt – was hat Sie dabei beeindruckt und was hat Ihnen weniger gefallen?
Janssen: Als wir die Preisverleihung von März auf September verschoben haben, war uns noch nicht klar, dass wir die Sieger nicht so glamourös wie im vergangenen Jahr im Deutschen Theater hochleben lassen können. Im Laufe der Monate sahen wir die Live-Veranstaltung jedoch dahinschwinden und benötigten eine Alternative. Eine schlichte Bekanntgabe der Gewinner kam für uns nicht in Frage, daher haben wir uns andere Veranstaltungen zum Vorbild genommen und eine Online-Preisverleihung beschlossen.

Die Verleihung der Goldenen Grußkarte sollte im Livestream so nah wie möglich an die Originalveranstaltung heranreichen. Wir fanden es alle sehr spannend, mit diesem neuen Medium umzugehen. Den Originalveranstaltungsort haben wir bewusst beibehalten, um den Geist der Goldenen Grußkarte besser zu repräsentieren. Allerdings hätten wir nicht gedacht, dass der technische Aufwand so groß sein würde – überall Technik, Kameras, Mischpulte und Techniker. Das war schon beeindruckend.

Ohne die Reaktionen des Publikums auszukommen zu müssen, war natürlich ungewohnt. Jedoch fand ich persönlich es in meiner Vorstellung schwieriger, als es am Ende dann war. Unsere charmante Moderatorin Nele Schenker hat uns ganz schnell in die Welt des Fernsehens mitgenommen und uns ist dadurch, so glaube ich, eine rundum gelungene Preisverleihung geglückt.

Sie sind einer der Hauptorganisatoren der „Goldenen Grußkarte“. Rufen Sie uns bitte noch einmal kurz in Erinnerung, warum der Preis überhaupt ins Leben gerufen wurde und wird es eine Fortsetzung geben?
Janssen: Die AVG hatte vor drei Jahren die Idee, der Grußkarte im PBS-Markt eine neue und dauerhafte Aufmerksamkeit zu geben. Ziel des Wettbewerbs war es, einen Branchenevent zu schaffen, bei dem Verlage, Lieferanten und Kunden zusammenkommen und sich austauschen.

Im Zentrum steht das Produkt Grußkarte. Für die Finalisten-Verlage und deren Produkte erreichen wir eine breite mediale Aufmerksamkeit.

Und ja, es wird weitergehen. Wir freuen uns schon auf den dritten Wettbewerb, der bereits in vollem Gange ist. Der Einsendeschluss ist bereits in wenigen Wochen, am 19. Oktober 2020.

Welchen Stellenwert hat die Grußkarte heute allgemein und welche Rolle spielt sie im Sortiment des Fachhandels?
Janssen: Die Grußkarte ist ein zentraler Bestandteil unserer Kultur. Handgeschriebene Zeilen auf einer Grußkarte gehen ganz besonders ans Herz und schaffen Verbundenheit. Sie drücken die persönliche Wertschätzung für den Beschenkten aus, eine Wertschätzung, die jeder gerne bekommt und die in digitaler Form über WhatsApp oder Mail so nicht zu erreichen ist. Daher ist es die Aufgabe aller Beteiligten, also der Verlage und des Handels, in dessen Sortiment die Grußkarte einen sehr hohen Stellenwert hat, diese Kultur aufrecht zu erhalten, zu fördern und mit gemeinsamen Aktionen dem Endverbraucher wieder näher zu bringen.

Wie gut hat die Grußkarte die Corona- Zeit überstanden, wo doch überall verstärkt der Kontakt über digitale Medien gepflegt wurde – sowohl privat als auch beruflich?
Janssen: Wir haben festgestellt, dass während des Lockdowns so viele Osterkarten verkauft wurden wie seit langem nicht mehr. Ostern ist zwar eine Randdevise, die Verkaufszahlen zeigen uns aber, dass Grußkarten als Ausdruck der Wertschätzung und als Alternative zu den digitalen Medien ihre Position haben. Sie helfen, soziale Distanz zu überwinden.

Und so hat die Grußkarte im Allgemeinen die Corona-Zeit durchaus gut überstanden. Der Erfolg ist jedoch über die Handelsschienen sehr unterschiedlich. In der Zeit des Lockdowns waren leider die Schreibwarengeschäfte sowie artverwandte Geschäfte sehr benachteiligt. Auch im Lebensmittelhandel waren Einbußen im Bereich der Karte zu verspüren, jedoch nicht im gleichen Maße wie im Fachhandel. Natürlich gab es Verschiebungen innerhalb einzelner Devisen. Hochzeitskarten beispielsweise waren im Absatz natürlich schwächer, Kommunions- und Konfirmationskarten wurden zeitversetzt verkauft.

Sehen Sie die digitale Preisverleihung in diesem Jahr deshalb auch als Chance – mit YouTube haben Sie doch die Möglichkeit, ein viel breiteres und jüngeres Publikum zu erreichen?
Janssen: Tatsächlich haben wir durch die Live-Übertragung ein viel breiteres Publikum erreicht, als wir je gedacht hätten. Corona hat und wird vieles in unserer Gesellschaft verändern. Durch den offenen Umgang mit den neuen Medien werden sich neue Chancen für uns alle ergeben, wir müssen sie nur sehen und jeder muss sie für sich interpretieren und umsetzen.

Welchen Rat geben Sie als zweiter Vorstand der AVG (und möglicher künftiger Vorsitzender) Ihren Mitgliedern in Zeiten der Pandemie mit auf den Weg?
Janssen: In allem Schlechten steckt etwas Gutes. Es ist unsere Aufgabe als Verlage und Handelspartner gleichermaßen, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen und daraus etwas Neues entstehen zu lassen. Wir als AVG werden unsere Mitglieder in der Zukunft durch interessante Veranstaltungen und Aktionen unterstützen. Die Details hierzu werden derzeit erarbeitet.

Der Verband hat sich zur Aufgabe gemacht, die Glückwunschkarte „in jeder Weise“ zu fördern. Wo sehen Sie den AVG und die angeschlossenen Mitglieder in fünf Jahren?
Janssen: Unser Ziel ist es, über alle Handelsschienen hinweg, die Grußkarte in ihrem Stellenwert zu stärken und auszubauen. Eine starke Konkurrenz im Markt fördert die Stärke des Einzelnen. Als AVG haben wir deshalb soeben die Arbeitsgruppe Visionen und Zukunft ins Leben gerufen. Ziel ist es, die AVG für die Aufgaben der Zukunft fit zu machen und unseren Mitgliedern sowie möglichen Mitgliedern eine Vision und einen neuen Nutzen als Mitglied zu geben. Sobald unser Konzept steht, werden wir im Detail darüber berichten.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage – wie oft schreiben Sie selbst Grußkarten und haben Sie bereits eine neue „Moderatorin“ im Auge, die an Ihrer Seite die Preise der „Goldenen Grußkarte 2021“ präsentieren wird?
Janssen: Natürlich schreibe ich zu vielen Anlässen und Gelegenheiten eine Grußkarte. Ich muss aber auch gestehen, dass es schon vorgekommen ist, dass ich zu einer Einladung ohne Grußkarte gegangen bin, da wir keine zu Hause hatten, weil ich die Bitte meiner Frau vergessen hatte, Grußkarten aus dem Verlag mitzubringen. Ich versichere Ihnen, es war jedes Mal der Brüller bei den Partygästen.

Eine Preisverleihung 2021 wird es auf jeden Fall geben. Wer sie moderieren wird, ist noch ein Geheimnis. Lassen wir uns überraschen.

Herr Janssen, vielen Dank!

Noch bis zum 23. November 2020 können sich Interessenten zur Teilnahme am AVG Card Award 2021 registrieren: www.diegoldenegrusskarte.de

Lesen Sie hier das Special zur Preisverleihung der Goldenen Grußkarte 2020, erschienen im PBS Report, Ausgabe September 2020.