18.07.2025
Stempel- und Schilderfabrik Rudolf Schmorrde: Familienbetrieb mit Zukunftsstrategie
Die Stempel- und Schilderfabrik Rudolf Schmorrde feiert ihr 160-jähriges Bestehen. Der Meisterbetrieb gehört zu den innovativsten seiner Art – und zeigt wie sich ein traditionsreicher Handwerksbetrieb durch Digitalisierung, Klimainitiativen und Nachfolge zukunftssicher aufstellt.
Als Handwerksmeister Reinhart Keßner im Jahr 2010 mit dem sächsischen Landestitel „Mutmacher der Nation“ geehrt wurde, war das keine Überraschung für diejenigen, die ihn kennen. Der Schmorrde-Geschäftsführer aus Löbau hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass unternehmerische Weitsicht und familiäre Bodenhaftung ein starkes Fundament bilden – selbst in einem Nischenmarkt, der längst nicht mehr wächst. Zum 160-jährigen Bestehen zeigt das Unternehmen eindrucksvoll, wie Tradition, technische Erneuerung und nachhaltiges Handeln zu einem zukunftsfähigen Gesamtkonzept verschmelzen.
Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 1865 zurück, als Emil Schmorrde in Bernstadt (Oberlausitz) eine Buchbinderei eröffnete. Heute zählt Schmorrde mit Sitz in Löbau und einer Niederlassung in Dresden zu den führenden Stempel- und Schilderproduzenten in Deutschland. Auf ein kompetentes Team mit 34 engagierten Mitarbeitern sowie ein dichtes Netz an Fachhandelspartnern ist die Familie stolz. Seit der Umfirmierung zur Kommanditgesellschaft im Jahr 2012 führen Reinhart Keßner, seine Ehefrau Heike sowie die Söhne Marcus und Lukas gemeinsam die Geschäfte. Seit Kurzem gehört auch der jüngste Sohn Elias zur sechsten Generation im Familienbetrieb.
„Es ist ein seltener Glücksfall, wenn die eigene Familie fest im Betrieb verankert ist“, sagt Reinhart Keßner. Er ist dabei, Verantwortung systematisch zu übergeben und die Firma strategisch neu aufzustellen. Gemeinsam bilden sie eine Führungsstruktur, die auf flachen Hierarchien, gegenseitigem Vertrauen und Marktkenntnis beruht.
Die 1888 gegründete Dresdner Niederlassung Albert Walther GmbH, die im Jahr 2006 von Reinhart Keßner übernommen wurde, ist heute spezialisiert auf Industrieschilder, Etiketten, Gravuren, Drucksachen und Sicherheitskennzeichnung. „Wir befinden uns mit diesem Sortiment in einem Wachstumsmarkt und können unseren Fachhändlern mehr Produkte aus einer Hand anbieten“, sagt Geschäftsführer und Betriebsleiter Lukas Keßner.
Neben den internen Prozessen wurde auch das Markenbild modernisiert und die Kommunikation digital ausgerichtet. Mit der Einführung des Online-Portals „Easy Order“ setzte Schmorrde ein starkes Zeichen in Richtung Digitalisierung. Das B2B-System ermöglicht Fachhändlern die Konfiguration individueller Stempelprodukte, die Einbindung in bestehende Warenwirtschaftssysteme sowie einen exportfähigen Endkundenshop. Mittlerweile nutzen Hunderte Fachhändler aktiv das Portal. Seit der Einführung verbessert und erweitert Schmorrde mit hauseigenen Programmierern kontinuierlich die Funktionen – und geht auf Wünsche, individuelle Anforderungen und Verbesserungsvorschläge der Partner ein.
Gleichzeitig investierte das Unternehmen in seine Standorte: Produktions-, Versand- und Logistikflächen in Löbau und Dresden wurden ausgebaut, die Technik an beiden Standorten systematisch modernisiert. Über eine Million Euro flossen in die Infrastruktur – trotz stagnierender Marktaussichten in der Branche. Denn der Stempelmarkt ist rückläufig; Standardprodukte wandern in den Onlinehandel ab, viele kleinere Anbieter geben auf.
Schmorrde positioniert sich bewusst anders: mit Fokus auf Individualisierung, Fachhandel und Stempelwaren-Großhandel sowie klimafreundliche Prozesse. So ist der Betrieb seit dem 1. Februar 2024 auch Teil der Umwelt- und Klimaallianz Sachsen – einem Netzwerk verantwortungsbewusster Unternehmen, das gemeinsam mit der Landesregierung an konkreten Nachhaltigkeitszielen arbeitet.
Nachhaltigkeit ist für Reinhart Keßner kein Lippenbekenntnis. Er engagiert sich auch ehrenamtlich für das sächsische Handwerk und fordert von der Politik klare Rahmenbedingungen für eine klimabewusste Produktion. „Das Handwerk ist Vorreiter, nicht Nachzügler – aber es braucht Unterstützung bei Bürokratieabbau und Investitionssicherheit.“
Dass diese Familienkultur weit über das Betriebsgelände hinauswirkt, zeigt ein besonderes Ritual: Seit dem 150. Firmenjubiläum im Jahr 2015 pflegt die Familie Keßner das Gipfelbuch auf dem Gusseisernen Turm in Löbau – ein touristisches Wahrzeichen der Stadt. Eingeweiht wurde es von der Familie Keßner gemeinsam mit Reinhold Messner, der den Schmorrde-Stempel ins erste Gipfelbuch stempelte. Zum 160-jährigen Bestehen stiegen Reinhart und Heike Keßner mit Löbaus Oberbürgermeister Albrecht Gubsch auf den Turm, um Band 50 einzuweihen. „Über 35 000 Einträge aus fünf Kontinenten sind inzwischen im Archiv des Schmorrde-Gutenbergkellers dokumentiert“, sagt Heike Keßner – eine Symbolhandlung mit Heimatbezug und Weitblick.
Im Kern bleibt Schmorrde aber ein Handwerksbetrieb – mit klarer Fachhandelsausrichtung. So war das Unternehmen auch auf dem diesjährigen PBS Forum der Neuen Büroring eG in Leverkusen vertreten. Mit mehreren Dutzend Besuchern wurde am Stand auf 160 Jahre Schmorrde angestoßen. Im Fokus: ein innovatives Werbeformat für Händler. Dabei erhalten Endkunden personalisierte Selbstfärber-Stempel, auf denen nicht nur ihr Name, sondern auch die Werbung des Fachhändlers sichtbar ist.
Die Fertigung dieser Produkte erfolgt in enger Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie Trodat und Colop – beide Marktführer im Bereich Stempeltechnologie, mit denen Schmorrde seit Jahrzehnten partnerschaftlich verbunden ist.
Derzeit arbeitet das Unternehmen an einem neuen Sortiment, das im kommenden Jahr als Händlerkatalog erscheinen soll. Ziel ist es, neben Standardprodukten auch modulare Designlösungen anzubieten.
In Löbau glaubt man weiter an das Handwerk. Und daran, dass Haltung, Nähe und Fortschritt kein Widerspruch sind. Gerade in Zeiten der Automatisierung und Marktkonzentration ist es ein selten gewordenes Unternehmensmodell – und vielleicht genau deshalb ein Modell mit Zukunft.
schmorrde.de